Mittwoch, 26. März 2014

Weibspersonen, Himmel hilf!

Die Quote ist für gut ausgebildete Frauen eine Beleidigung, aber leider unvermeidbar. Was die Aufstiegschancen und Bezahlung von Frauen angeht, ist Deutschland noch immer ein Entwicklungsland.

Jetzt wird, so viel steht fest, das große Zetern anheben. Die Bundesregierung will ab 2016 eine feste Frauenquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von Dax-Konzernen und mitbestimmungspflichtige Unternehmen einführen. Wenn eine Firma sich außerstande sieht, einer Frau den attraktiven Posten zu überlassen, soll er vakant bleiben, bis das angeblich Unmögliche möglich wird. Mittelständische Firmen sollen sich ab 2015 selbst verbindliche Zielvorgaben für Frauen im Spitzenmanagement verschreiben. Auch an der Spitze von Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung sollen Weibspersonen, Himmel hilf!, eine feste Größe werden, irgendwann.

Der Untergang des Abendlandes kündigt sich da nicht an. Das "Gesetz zum Anteil von Frauen in Führungspositionen", dessen Leitlinien die SPD-Minister Manuela Schwesig (Familie) und Heiko Maas (Justiz) in Berlin vorgestellt haben, will gerade mal 108 Unternehmen zur festen Frauenquote verpflichten. Für mittelständische Firmen ist nur eine freiwillige Selbstverpflichtung geplant, die "Flexiquote" der CDU in neuem Gewand. Eigentlich sollte diese Quote nach dem Wunsch der SPD bei 40 Prozent, nicht bei 30 liegen. Das aber war gegen die Union nicht durchzusetzen. Dort wird wie in vielen Unternehmen immer noch gebetsmühlenartig vorgetragen, es gehe doch voran. Man wisse ja, dass Frauen in Führungsetagen fehlten, aber leider, leider: Es fänden sich halt nicht mehr geeignete Kandidatinnen. Bitte warten.

Die Quote ist leider unvermeidbar

Nun ist zur Frauenquote zu sagen, dass sie - im Prinzip - eine Beleidigung ist für jede Frau, die Verstand hat und eine Ausbildung, die sie für Spitzenjobs qualifiziert. Wer gut ist, schafft es so oder so nach oben: Das war und ist das Credo selbstwusster Akademikerinnen und Facharbeiterinnen - aber leider ein Irrtum. Mädchen schneiden in der Schule besser ab als Jungen. Ihre Uni-Leistungen sind exzellent, aber im Spitzenmanagement kommt ihr teuer erworbener Grips in homöopathischen Dosen an. Nur 17 Prozent deutsche Aufsichtsräte sind weiblich, in Vorständen nur sechs Prozent, Tendenz fallend. In jedem fünften Betrieb sitzt gar keine Frau in der Chefetage.

Das ist nicht mehr zurechtfertigen und inzwischen dankenswerterweise auch zum echten Imageproblem geworden für Unternehmen in der Wirtschaftsnation Deutschland, die international als führend gilt, hinsichtlicher der Aufstiegschancen und der Bezahlung von Frauen aber Entwicklungsland geblieben ist. 65 Jahre nach ihrer Gründung ist die Bundesrepublik immer noch nicht in der Lage, Frauen aus freien Stücken den Platz in Wirtschaft und Gesellschaft einzuräumen, der in vielen Nachbarländern selbstverständlich ist. Deshalb muss jetzt die Quote her, auch wenn sie ein Notnagel ist. Den Beweis, dass es freiwillig nicht geht, haben die führenden Köpfe der deutschen Wirtschaft selbst erbracht.

Frauen werden in Vorstandsetagen dringend gebraucht

Wer hört, wie nervös jetzt manche reagieren, darf schon mal lachen. Da warnt der Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, die feste Frauenquote für Dax-Unternehmen könnte ansteckend sein, bald auch mittelständige Unternehmen infizieren. Ein "Einfallstor für weitergehende Pflichten für Unternehmen" tue sich da auf. Wer Frauen im Spitzenmanagement wolle, solle lieber Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Ganztagsschulen schaffen. Nur zu! Wenn Arbeitgeber jetzt aus Sorge um ihre Eigenmächtigkeit und hübsche Vorstandsposten dazu beitragen, dass Deutschland ein zeitgemäßes Bild von Erziehung und Familie bekommt, wäre die Quote schon ein Erfolg.

Aber es bremsen nicht nur Unternehmer. Auch Gewerkschaften sehen sich nicht in der Lage, bei den Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten für 30 Prozent Frauen zu sorgen. Ganz unberechtigt ist der Einwand nicht. Denn vorschlagen kann eine Belegschaft ausreichend viele Frauen, deren Wahl aber kann nicht angeordnet werden. Hier ist ein neues Wahlsystem gefragt, etwa eines wie bei den Grünen, mit Listenplätzen, die ans Geschlecht gebunden sind.

Geht nicht, gibt's nicht - das gilt aber nicht zuletzt für die lieben Frauen, die künftig in manchem Betrieb gebeten, ja gebettelt werden dürften, doch bittschön den Stuhl im Aufsichtsrat zu besetzen oder sich vom Bund an die Spitze eines Unternehmens mit öffentlicher Beteiligung schicken zu lassen. Diesen Frauen wird die Quote die letzten Ausreden nehmen, warum sie Vorstandsetagen den Krawattenträgern überlassen. Die Jobs, die es da gibt, mögen Knochenjobs sein, aber es sind die der Entscheider. Nirgendwo sonst werden Frauen in Deutschland mehr gebraucht.




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