Freitag, 31. Oktober 2014

TOP-FRAUEN UND IHRE ERFOLGSGESCHICHTEN - Heute: MAN-Managerin Angelika Wetzstein.


"Frauen müssen risikobereit sein - und nicht brave Fleißbienchen"

Zwölf Top-Frauen, ein Dutzend Geschichten: Zwölf erfolgreiche Managerinnen zeichnen für manager magazin online ihren Weg nach oben nach - und berichten, worauf es ankommt. Heute: MAN-Managerin Angelika Wetzstein.


Angelika Wetzstein: Die 39-Jährige leitet bei MAN Truck&Bus die Vorstands- und Aufsichtsratsangelegenheiten


Nach Schule, Studium und erster Berufserfahrung, als ich mich nicht mehr wegen studentischer Hilfstätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt herumtreiben musste, kam ich zum ersten Mal auf den Gedanken, dass es als Frau nicht nur Vorteile im Leben gibt. Ich war Ende 20 und im berühmten "gebärfähigen" Alter - für viele Grund genug, lieber männliche Kollegen zum Gespräch einzuladen.
Meine Erwartungen waren also erfahrungsgemäß niedrig, als ich nach den ersten Praxisjahren im Mittelstand im Bewerbungsgespräch bei meinem heutigen Arbeitgeber saß. Meine Erfahrungen waren dafür umso positiver.
Vor über acht Jahren fing ich im operativen Personalbereich als Sachbearbeiterin an. Noch in der Probezeit und kinderlos habe ich mich im Konzern für den Bau des ersten MAN-Kinderhauses stark gemacht. Man kann ja nicht immer nur herumjammern, was die Politik nicht auf die Reihe bekommt, dachte ich mir.
Im Nachhinein würde ich behaupten, durch dieses Engagement im Konzern sichtbar geworden zu sein. Denn das Thema entwickelte sich gesellschaftspolitisch und konzernintern rasant. Auf einmal saß ich allein in Vorstandsterminen und war Managern, Kollegen und Betriebsräten bestens bekannt, wenn auch mit einem "typischen Frauenthema". Aber was soll's, Sichtbarkeit ist Sichtbarkeit.

"Kann ich nicht" müssen wir aus unserem Denksystem verbannen

Gute zwei Jahre später folgte die Leitung der Abteilung Labour Relations, Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat. Eine Zeit, in der ich ungemein viel gelernt habe, über Männer, von Männern, über Macht und Politik. Und ich habe festgestellt, dass mich insbesondere die machtpolitische Gemengelage interessiert, die es überall dort gibt, wo Menschen zusammenarbeiten. Die hohe Kunst der Politik ist nicht jedermanns Sache, das weiß ich wohl.
Dennoch staune ich immer wieder darüber, warum ausgerechnet wir Frauen uns so sehr davon distanzieren und uns lieber dem Fleißbienchen-Dasein widmen. Ein bisschen Selbstkritik schadet an dieser Stelle ja auch nicht. Es sind nicht immer die anderen, beispielsweise, wenn wir uns nichts zutrauen.
Meine erste instinktive Reaktion auf das Angebot der Abteilungsleiterstelle war: "Das kann ich doch gar nicht." - "Dann lernen Sie es", widersprach mein damaliger Chef, "Karriere macht man nur mit dem Sprung ins kalte Wasser." Er hatte Recht: "Kann ich nicht" müssen wir zugunsten einer höheren Risikobereitschaft mal dringend aus unserem weiblichen Denksystem verbannen.

Dankbarkeit? Wofür?

Andere Dinge sind aber genauso dringend aus so manchem männlichen Denksystem zu streichen. Etwa wenn Frauen, die keinen Hehl daraus machen, vorankommen und sich entwickeln zu wollen, inhaltlich wie entgeltlich, gerne mal vorgeworfen wird, undankbar zu sein. Während ihren männlichen Mitstreitern anerkennend auf die Schulter geklopft wird, nach dem Motto: "Der hat Biss, der will noch was erreichen".
Als sich mir eines dieser Denk-Auslaufmodelle auf meiner Karriereroute in den Weg stellte, war ich ratlos: "Äh, wie, Dankbarkeit? Wofür? Dass man mich schon auf so ein Level befördert hat als Frau?" Ich wusste gar nicht, dass Dankbarkeit das Attribut eines unternehmerisch denkenden Mitarbeiters ist. Es passt nicht, auch nicht zu meinem Selbstverständnis. Wer für sich selbst nicht kämpfen kann, der kann es auch nicht fürs Unternehmen. Heute weiß ich zum Glück: Erwartete Dankbarkeit ist antiquiert, hochgradig unprofessionell und drückt irgendwie Hilflosigkeit aus.

Kluge Männer sind beim Thema Frauenquote maximal entspannt

Apropos Hilflosigkeit: Mich schreckt männlich dominantes Verhalten nicht. Die zeitweise leicht dominanten Wesenszüge meines Vaters haben mich vieles gelehrt, unter anderem, wie ich trotzdem ans Ziel komme: Sich nicht davon abschrecken lassen, nicht alles dem Zufall überlassen, hartnäckig das eigene Netzwerk nutzen und ausbauen und zum richtigen - und keinesfalls zu frühen - Zeitpunkt in Opposition gehen.
Und trotz des Sich-Durchsetzens bleibt für mich eine charmante Umgangsweise ein wichtiger Bestandteil meiner weiblichen Identität. Vielleicht auch deswegen bekam ich von meinen ehemaligen Verhandlungsgegnern die liebevolle Bezeichnung "verreckte Henna" (bayerisch für "schlaues Huhn") verpasst - für mich eine der höchsten Auszeichnungen. Frauen, die sich als die härteren Männer gerieren, sind mir nicht geheuer und vielleicht auch langsam ein Modell der Vergangenheit. Stattdessen freue ich mich über den steten Zuwachs junger Kolleginnen, die sich und ihre DNA nicht in Frage stellen, auf keiner Position.
Insgesamt finde ich Humor immer sehr hilfreich im Umgang mit den kleinen Widrigkeiten des Lebens. Statt mit mittelmäßigen Männern über das Angstgespenst "Frauenquote" zu diskutieren (die klugen Männer bleiben bei dem Thema ja sowieso maximal entspannt - sie wissen, sie bestehen trotz Quote), lächle ich charmant und antworte: "Da halte ich es mit Loriot: Frauen haben auch ihr Gutes". Kein Widerspruch. Keine angespannte Atmosphäre. Wenn ich Glück habe, ein nachdenkliches Lächeln zurück. Na also, geht doch!

Quelle: Manager Magazin


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