Mittwoch, 21. Januar 2015

Frauen in Führungspositionen - 13 Jahre verschenkt

2001 verpflichtete sich die deutsche Wirtschaft, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Eine umfassende Studie zeigt: Es geht nur langsam voran - wie beim "Ritt auf einer Schnecke".

Frauen am Ball: Deutschen Firmenführungen fehlt der weibliche Kick
Eigentlich sind sich immer alle einig: Mehr Frauen in den Führungsetagen, das wäre gut für die Wirtschaft. Doch tatsächlich tut sich wenig. Das belegt einmal mehr das "Managerinnen Barometer 2015" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), eine der umfassendsten aktuellen Untersuchungen zum Thema.

Der Frauenanteil in den Vorständen der umsatzstärksten 200 Unternehmen lag demnach Ende 2014 bei lediglich fünf Prozent. Insgesamt war das etwa ein Prozent mehr als 2013, immerhin. Bei den 100 größten Unternehmen ist der Frauenanteil im gleichen Zeitraum aber leicht gesunken.

Laut der DIW-Studie hat derzeit nur jedes fünfte der Top-200-Unternehmen überhaupt eine Frau im Vorstand, nämlich 22 Prozent. In absoluten Zahlen sind dies 47 weibliche Vorstände bei 877 Vorstandssitzen. Insgesamt zählten die Forscher vier weibliche Vorstandsvorsitze. In den Dax-30-Unternehmen, also den größten börsennotierten Konzernen, gibt es jedoch keine einzige Chefin.

"Die Vorstände bleiben männliche Monokulturen", sagt Elke Holst vom DIW - sie hat die Untersuchung zusammen mit Anja Kirsch von der FU Berlin durchgeführt. Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft aus dem Jahr 2001, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, habe zu keiner positiven Bilanz geführt, sagt Holst: "Auf niedrigem Niveau gleicht die Dynamik der Entwicklung eher einem Ritt auf der Schnecke."

Auch im Finanzsektor bleiben die Frauenanteile in Spitzengremien gering, obwohl Frauen die Mehrheit der Beschäftigten stellen. In den Vorständen der 100 größten Banken und Sparkassen lag der Frauenanteil Ende 2014 bei durchschnittlich knapp sieben Prozent und in den Vorständen der 60 größten Versicherungen bei 8,5 Prozent - in beiden Fällen fast unverändert im Vergleich zum Jahr 2013.


Etwas mehr Bewegung zeichnet sich bei der Berufung von Frauen in Aufsichtsräte ab. Sowohl in den Top-200- als auch in den Top-100-Unternehmen ist der Frauenanteil im Jahr 2014 um rund drei Prozentpunkte auf jeweils etwa 18 Prozent gestiegen. Bei den Dax-30-Unternehmen war er mit knapp 25 Prozent am höchsten. Am weitesten auf dem Weg zu einer Parität sind die Douglas Holding mit acht weiblichen Aufsichtsräten von insgesamt 13, H&M (mit 6 von 10), Henkel (7 von 16) sowie DB Fernverkehr und Merck (beide 6 von 16).

Allein die Diskussion verbessert die Quote

Hier dürfte sich die Diskussion um die Frauenquote in Aufsichtsräten niederschlagen, die das Bundeskabinett beschlossen hat, die aber noch den Gesetzgebungsprozess durchläuft. Der Beschluss sieht einen Mindestanteil von 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten vor.

Den Druck, den eine Frauenquote auf die Wirtschaft ausübt, halten Holst und Kirsch für notwendig und zielführend. Sie belegen dies mit Beispielen anderer europäischer Länder. So ist in Island und Norwegen die Teilhabe von Frauen in den Leitungsgremien inzwischen am höchsten in Europa. Beide Länder haben gesetzliche Quoten, die einen Anteil von mindestens 40 Prozent je Geschlecht vorsehen. Die größten Zuwächse innerhalb der EU-28-Länder wurden seit 2010 in Frankreich, Italien, 
Slowenien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich erreicht. Besondere Zuwächse gab es vor allem in Ländern, die entweder eine Geschlechterquote einführten oder diskutierten.

Um den Status quo der männerdominierten Wirtschaftswelt aufzubrechen, schlagen die Autorinnen außerdem vor, dass Unternehmen die Frauenförderung zum Unternehmensziel erheben sollen. Auch die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Firmenkultur, indem etwa überlange Arbeitszeiten hinterfragt werden oder flexible Karrieremodelle für beide Geschlechter umgesetzt würden, ermögliche mehr Frauenkarrieren.

Dass politischer Druck wirkt, zeigen auch die Entwicklungen in den insgesamt 60 Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist. In den Vorständen ist hier der Frauenanteil um gut zwei Prozentpunkte auf knapp 15 Prozent gestiegen, in den Aufsichtsräten sogar um fünfeinhalb Prozentpunkte auf knapp 24 Prozent - das entspricht 142 Aufsichtsrätinnen am Ende des Jahres 2014, 42 mehr als im Jahr davor. Im "Managerinnen Barometer 2015", das insgesamt nur leichte Veränderungen auf niedrigem Niveau beschreibt, ist dies der größte Sprung nach oben.

Quelle: KarriereSPIEGEL-Autorin Margarete Hucht (Jahrgang 1968) ist freie Journalistin in Berlin.


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