Montag, 8. Juni 2015

Commerzbank: Frauenquoten von 2014 für 2017

Seit März müssen Unternehmen den angestrebten Anteil von Frauen in Führungspositionen veröffentlichen. Doch die Commerzbank schert sich wenig darum – und setzt sich Ziele, die längst erreicht sind.
Konservative Zielsetzung: Die Commerzbank will für 2017 einen Frauenanteil anstreben, den sie schon heute längst erreicht hat.
Die Commerzbank will eine Regelung in einem seit März geltenden Bundesgesetz unterlaufen, mit dem der Anteil von Frauen in Führungspositionen weiter gesteigert werden soll. Danach sind Konzerne verpflichtet, sich selbst ein Ziel für mehr Frauen in den beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands zu setzen, dieses zu veröffentlichen und dann sukzessive zu erreichen.
Wie Personalvorstand Frank Annuscheit in einem Interview für das Intranet der Bank erläutert, wird das Kreditinstitut hingegen für diese beiden Ebenen – das sind die Bereichsvorstände und Bereichsleiter – als Zielmarke für 2017 schlicht die schon Ende 2014 erreichten Quoten in Höhe von neun und 15 Prozent angeben.
Selbstverpflichtung soll Druck erzeugen
Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Ziels, wie hoch der Anteil von Frauen in den oberen Hierarchie-Ebenen im Inlandsgeschäft in zwei Jahren sein soll, findet sich in dem neuen Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen. Das Gesetz hatte vor allem Schlagzeilen gemacht, weil darin von zahlreichen Konzernen verlangt wird, den Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten auf 30 Prozent zu steigern. Diese Quote hat die Commerzbank wie auch eine Reihe anderer Konzerne längst erreicht.
Mit der Vorgabe, für das Jahr 2017 und später in regelmäßigen Abständen von bis zu fünf Jahren Zielgrößen für den Frauenanteil in den Führungsebenen zu nennen, wollte der Gesetzgeber erreichen, dass dieser Anteil immer weiter zunimmt; die Unternehmen sollten sich gleichsam selbst unter Druck setzen.
Die Selbstverpflichtung war ein Kompromiss zwischen den Befürwortern einer gesetzlichen Quote und den Gegnern jeder Vorgabe. Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte bei der Verabschiedung des Gesetzes, dies sei „ein Tag, auf den wir stolz sein können“.
Ziel bliebe hinter Wirklichkeit zurück
Der im Gesetz detailliert geregelten Selbstverpflichtung entzieht sich nun die Commerzbank, indem sie als Ziel den Ist-Zustand ausgibt. Im Falle der Bereichsvorstände bleibt das Ziel sogar hinter der Wirklichkeit zurück, denn durch die Beförderung von drei Frauen im neuen Jahr sind inzwischen nicht mehr nur neun Prozent dieser Vorstände weiblich, sondern sechs von 38, also 16 Prozent.
Im Geschäftsbericht wird gleichwohl als Ziel von neun Prozent zu lesen sein, wie es am Dienstag in der Bank hieß. Noch offen ist, welches Ziel die Commerzbank für 2017 hinsichtlich des Frauenanteils im Vorstand meldet. Derzeit sitzen dort nur Männer. Darüber entscheide aber nicht der Vorstand, sondern der Aufsichtsrat, hieß es am Dienstag.
Personalvorstand Annuscheit sagt in dem Interview, natürlich habe das Kreditinstitut weiterhin das Ziel, Top-Positionen mit Frauen zu besetzen. Über alle Hierarchie-Ebenen gesehen, also einschließlich der Abteilungs- und Gruppenleiter, liege der Wert gegenwärtig bei 28,2 Prozent, und man sei optimistisch, bis Ende des Jahres das bankinterne Ziel von 30 Prozent zu erreichen.
Was die offiziellen Ziele für die erste und zweite Führungsebene angehe, so bescheide man sich jedoch mit den schon erreichten Werten. „Wir haben uns bewusst für diese konservativen Quoten entschieden, um die gesetzlichen Regelungen zu erfüllen und gleichzeitig unsere unternehmerische Freiheit zu wahren.“ Für die Commerzbank sei immer klar gewesen: „Eine Position wird allein nach Qualifizierung besetzt – unabhängig vom Geschlecht.“
Von: Manfred Köhler, Wirtschaftsredakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen